Mai-Ausflug nach Dänemark, der Wonnemonat zeigt sich von der besten Seite. Über uns der blaue Himmel, neben uns die Ostsee. Zarte Sonnenstrahlen streicheln die noch winterblasse Haut. Und im Radio fordert Gitte: "Ich will alles". Was denn noch, Frau Haenning? Open-Air-Vergnügen, Limousinen-Luxus und die Power eines Sportlers: Mercedes, BMW und Audi bringen doch schon alles unter einen Hut! Blütenduft im Cockpit, Windstille selbst bei geöffnetem Verdeck (zumindest fast) und zwischendurch den Kick beim Kurvenkratzen: Mehr erleben als in den drei deutschen Edel-Cabrios kann man nun wirklich nicht an einem Frühlingstag.

Überblick: Alle News und Tests zur Mercedes E-Klasse

Wer Wind sät, erntet Sturm? Ach was! Wenn es noch eines Beweises dafür bedurfte, dass im Auge des Orkans stets Ruhe herrscht, dann liefert ihn Mercedes. In der offenen E-Klasse, deren technisches Grundgerüst (wie beim Vorgänger CLK) eigentlich von der C-Klasse stammt, krümmt einem die milde Maibrise kein Haar. Wer die Fenster hochfährt und per Taste zusätzlich das "Aircap" aufstellt, genießt im Schutz des Mini-Spoilers oberhalb der Frontscheibe frisurfreundliche Flaute. Die Heizung verwandelt den Innenraum in eine Warmluft-Badewanne. Dazu gibt’s Sitzwärmer und Nackenföhn – der Sommer kommt auf Knopfdruck, unabhängig vom Kalender. Und natürlich gegen Aufpreis. Auch Audi fächelt den Passagieren in der ersten Reihe laue Luft um den Hals. Nur BMW-Piloten brauchen beim verfrühten Open-Air-Ausflug noch einen Schal. Handschuhe können sie sich dagegen sparen, denn der 3er verwöhnt kälteempfindliche Cabrio-Fans auf Wunsch als Einziger mit einem beheizten Lenkradkranz.

Überblick: Alle News und Tests zum BMW 3er

Warmduscher-Extras, finden Sie? Dann werden Sie wohl auch über das Blech-Hardtop des BMW pikiert die Nase rümpfen. Statt auf eine klassische Stoffmütze setzt das 3er-Cabrio auf einen wetterfesten Stahlhelm. Das macht die Karosserie beim Fahren mit geschlossenem Verdeck zwar steifer. Wer sich Vorteile bei der Geräuschdämmung erhofft, wird allerdings enttäuscht. Die aufwendig isolierten Textilhauben von Audi und Mercedes halten den Krach fast ebenso gut draußen. Den Dach-Striptease erledigt der Audi am schnellsten: In knapp 20 Sekunden sitzt die A5-Besatzung unter freiem Himmel; im BMW (23 Sekunden) müssen sich die Mitfahrer etwas länger gedulden. Der neue Mercedes lässt sich mit 26 Sekunden am meisten Zeit für das Entblättern. Naht ein plötzlicher Regenguss, muss der BMW als Einziger anhalten. Bei A5 und E-Klasse geht das Verdeck auch während der Fahrt auf und zu – bis 50 km/h beim Audi und bis 40 beim Mercedes.
Sechszylinder zwischen 265 und 306 PS versprechen Kraft, Kultur und Klangerlebnis. Vor allem der BMW zieht in dieser Hinsicht alle Register. Sein morgendlicher Hallo-wach-Urschrei klingt fast, als wolle er dem stärkeren M3 Konkurrenz machen. Wenn Audi- und Mercedes-Fahrer ihre Autos starten, werden in der Nachbarschaft jedenfalls keine Gardinen beiseitegeschoben. Auch beim Gasgeben zieht das Münchener Turbo-Sixpack mit dem explosiven Vorwärtsdrang eines V8 der Vollfettstufe eine zünftig-röhrende akustische Wirbelschleppe hinter sich her. Gänsehaut? Garantiert! Dabei beherrscht der giftige Reihensechser auch die sanfte Tour. Cruisen? Angesichts des 400 Newtonmeter hohen Drehmoment-Tafelbergs genauso ein Genuss wie das Lassowerfen nach den letzten der 306 PS am Rand der roten Tourenzähler-Skala.

Überblick: Alle News und Tests zum Audi A5

Audi A5 Cabrio
Das Doppelkupplungsgetriebe schaltet im Automatikmodus gleichermaßen flott wie effizienzbedacht. Bei Halbgas bummelt man entspannt mit 50 km/h im sechsten Gang durch die City. Allerdings fehlt dem BMW-Getriebe die komfortable Lässigkeit eines Wandlers. Anfahr-Unschärfe und Schaltrucke stören die Harmonie. Schade, denn Komfortfans bekommen im 3er durchaus was geboten: In Sachen Geschmeidigkeit übertrifft der einst so krachledern über Kanaldeckel polternde Münchener neuerdings selbst den Mercedes. Genießer und vor allem zarte Damenhände dürften seine Lenkung jedoch nach wie vor zu sportlich finden. Das Gefühl, sein Auto wie an einem Laserstrahl geführt durch schnelle Serpentinen zirkeln zu können, wird mit einer Schwergängigkeit bezahlt, die einem beim Rangieren den Schweiß auf die Stirn treibt. Das kann auch bei fahrerischem Übermut passieren, denn das BMW-Heck keilt trotz ESP-Fangleine stärker aus als bei der Konkurrenz.

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Mercedes E-Klasse Cabrio
Bajuwarische Hemdsärmeligkeit kontert der Mercedes mit schwäbischer Zurückhaltung. Das E-Klasse Cabrio beschleunigt nachdrücklich – nicht unflott, aber ohne die Schlagkraft einer Turbo-Faust im Rücken. Auf Gasbefehle reagiert der Daimler zögerlicher, bleibt akustisch stets dezent. Automatik und Motor verstehen sich blind; wie ein Paar, das auch nach jahrelangem Ehealltag noch so gern kuschelt wie am ersten Tag. Der Mercedes-Lenkung mangelt es zwar keineswegs an sämiger Direktheit, doch der Scharfzeichner fehlt. Leise strömt das Cabrio dahin. Buckelpisten entzaubern allerdings das Bild des noblen Wellness-Gleiters. Querrillen werden mit einem herben Schlag nach innen durchgereicht. Ausgerechnet der in der Vergangenheit für eine gewisse Härte bekannte BMW steckt Fahrbahnschäden besser weg. Jedoch: Kein Ächzen oder Knarzen dringt aus dem Gebälk. Die Karosserie wirkt selbst beim Offenfahren steif wie der Aufbau einer Limousine.
Weitere Details zu den drei deutschen Edel-Cabrios finden Sie in der Bildergalerie. Den kompletten Artikel mit allen technischen Daten und Tabellen gibt es als Download im Heftarchiv.
Martin Puthz

Fazit

Drei Marken, drei Klischees. Mercedes: komfortabel, BMW: dynamisch, Audi: irgendwo dazwischen. Sorry, das stimmt so pauschal nicht mehr. Die Trennschärfe schwindet. Der 3er blieb seinem sportlichen Erbe treu, hat mit der Modellpflege aber beim Komfort mächtig zugelegt. Audi wird in Sachen Handling immer mehr zum Angstgegner für BMW. Und Mercedes? Gewinnt hier zwar. Halbherziger Dynamik-Ehrgeiz stört jedoch die Harmonie.